2.1. Technische Grundlagen

Das Innenleben eines diskret aufgebauten Transistorverstärkers. Links: Schaltnetzteile zur Stromversorgung – Mitte: Endverstärker mit Kühlrippen und Transistoren – Recht: Vorverstärker und Ansteuerungselektronik für Tasten und Regler
Als Kraftwerk einer Stereoanlage liefert ein Audioverstärker den leistungshungrigen Boxen Strom, den die Schallwandler für die Umsetzung der elektrischen Energie in mechanische Schwingungen benötigen. Das Prinzip der Spannungs- und Stromverstärkung ist neben der Aufzeichnungsmöglichkeit von hörbaren Frequenzen als maßgebliche Voraussetzung zur Reproduktion von Schallereignissen und somit von Musik zu betrachten.
Werden Töne über ein Mikrofon aufgenommen und auf ein Medium – wie beispielsweise der Schallplatte – aufgezeichnet, fließen nur geringe Ströme, denn die feinen Schwingungen der Mikrofon-Membran können nur in schwache elektrische Spannungen gewandelt werden. Um diese Schallwechseldruckschwingungen – womit die unterschiedliche Tonhöhe und Lautstärke bspw. Ihrer Stimme gemeint sind – anschließend wieder über Lautsprecher (bestenfalls sogar viel lauter) zu reproduzieren, müssen niedrige in hohe elektrische Spannungswerte transformiert werden. Denn würden Sie den vom Mikrofon abgegeben Strom direkt an den Lautsprecheranschluss weiterleiten, würden sich dessen Membrane überhaupt nicht bewegen und somit keinen Ton abgeben.
Um die Funktionsweise von Verstärkern generell zu verstehen, sollten Sie ein paar Grundbegriffe verinnerlichen: Schallereignisse sind der Anfang und das Ende eine Audiokette. Wenn Ihre Lieblingsband im Studio ein Album produziert, dann werden eine ganze Menge Schallwellen produziert. Je lauter ein Instrument spielt oder die Sängerin singt, desto heftiger schwingt die Membran im Mikrofon und desto mehr elektrische Spannung wird erzeugt. Je höher das Instrument oder die Sängerin spielt oder singt, desto häufiger schwingt die Membran des Mikrofons und desto höher ist die Frequenz der vom Mikrofon abgegebenen Spannung. Aus elektrotechnischer Perspektive heißt das also: Musik ist ein Wechselstrom mit ständig wechselnder Frequenz und Amplitude.
Am Ende der Audiokette erfolgt der umgekehrte Prozess: Eine elektrische Wechselspannung mit variabler Frequenz wird zum Antreiben einer wesentlich größeren Lautsprechermembran genutzt. Dadurch werden hörbare Schallwellen produziert, die im besten Fall genauso klingen, wie das ursprüngliche Schallereignis im Studio Ihrer Lieblingsband. Dabei spielt es erstmal keine Rolle, ob der Ton direkt aus dem Studio über Stromkabel, oder indirekt über eine im Schallplattenformat konservierte Aufnahme in Ihr Wohnzimmer transportiert wird. Während des gesamten Vorgangs fließt Strom mit einer bestimmten Stärke bzw. Intensität durch alle Kabel dieser Kette. Die Stromintensität hängt von der Spannung und dem Kabel- bzw Leitermaterial ab.

Die stilvolle Alternative zum Transistor: Elektronenröhren im Audioverstärker
Neben der in der Einheit Volt (V) gemessenen Spannung, der in Hertz (Hz) gemessenen Frequenz und der in Ampere (A) gemessenen Stromstärke gibt es noch eine vierte Größe, die den möglichen Wechselstromfluss bedingt: die Impedanz (gemessen in der Einheit Ohm). Als Impedanz bezeichnet man den Widerstand in einem Wechselstromkreis. Generell stellt sich alles innerhalb eines Stromkreises als Widerstand dar: Kabel, Anschlüsse, Kontakte etc. Der größte Lastwiderstand ist aber der Lautsprecher selbst. Spannung, Stromstärke und Lastwiderstände stehen in einem bestimmten Verhältnis zueinander und geben letztlich Aufschluss über die in Watt (W) gemessene elektrische Leistungsfähigkeit einer Musikanlage.
Ein guter Audioverstärker hat folgende Aufgabe: Er soll ein Eingangssignal mit niedrigen Spannungen (des Mikrofons oder des Plattenspielers) aufnehmen und soweit erhöhen, dass damit eine Lautsprechermembran angetrieben werden kann. Dabei darf er keinesfalls die wechselnden Frequenzen der Eingangsspannung verändern, denn diese bestimmen die Tonhöhe der Musik. Eine Aufnahme von Nathalie Cole sollte ja nicht wie eine Aufnahme von Joe Cocker klingen. Die lineare Spannungserhöhung muss den gesamten hörbaren Frequenzbereich – ca. 20 Hz–20.000 Hz – umfassen und darf keine der sich überlagernden Frequenzen eines Musikstücks auslassen.
2.2. Bauteile eines Audioverstärkers

Darf in keinem Röhrenverstärker-Test fehlen: Elektronenröhre – von innen nach außen: Heizdraht und Kathode | Steuergitter | Anode | Glaskolben
Durch die Kombination elektrischer Bauteile schafft es ein Audioverstärker, ein relativ schwaches elektrisches Ausgangssignal soweit zu erhöhen, dass es sich zum Antreiben von Lautsprechern eignet. Als Herzstück fungieren dabei Netzteile, die in zwei Gruppen unterteilt werden: Trafonetzteile und Schaltnetzteile. Netzteile sind die eigentlichen Stromgaranten einer Anlage, denn sie nehmen die hohe Wechselspannung aus der Steckdose auf und transformieren sie in eine für den Verstärker übliche, niedrigere Gleichspannung.
Dabei zeigen die großen und schweren Trafonetzteile mit ihren großen Eisenkernen und dicken Kupferdrahtwicklungen die besseren Resultate, sind aber auch teurer. Schaltnetzteile sind effizienter und ökonomischer, aber wegen ihrer komplexen Schaltungen auch träger und störungsanfälliger.
Die Vor- und Endstufen dienen der Leistungsverstärkung und bestehen entweder aus Halbleiter-Transistoren oder klassischen Elektronenröhren. Transistoren werden wegen der hohen Betriebstemperaturen passiv durch große metallische Rippen gekühlt. Diese sogenannten Kühlrippen, die beachtlich viel Platz in Transistorverstärkern einnehmen, fallen bei Röhrenverstärkern weg, da Vakuum-Röhren mit hohen Temperaturen keine Probleme haben.
Vorstufen – auch als Preamps oder Vorverstärker bezeichnet – dienen der Vorverstärkung von Audiosignalen. Erst danach realisieren die größeren Endstufen die endgültige Leistungsverstärkung. Bei Röhrenverstärkern unterscheiden sich auch die Röhren entsprechend: kleine Röhren dienen der Vorverstärkung, große Röhren der Endverstärkung.
Neben diesen beiden wesentlichen Bauteilen beherbergen Transistor- und Röhrenverstärker zwischen den Cinch-Anschlüssen, an denen das Musiksignal anliegt, und den Lautsprecher-Anschlüssen, an denen das Ausgangssignal abgegeben wird, eine Menge Kabel, elektrische Widerstände und Kondensatoren. Die Qualität dieser im Werbeprospekt der Hersteller selten aufgeführten Bauteile sind für die Klangqualität auch wichtig.
Hier gibt es im Schaltungsdesign eines guten Verstärkers die Maxime: Ein diskreter Aufbau der Schaltungen sollte den sogenannten integrierten Schaltungen auf Halbleiterplatinen vorgezogen werden. Zwar sind für Marken-Hersteller integrierte Schaltungen – bei denen alle Bauteile wie Kondensatoren, Widerstände, Transistoren usw. auf einem winzig kleinen Chip Platz finden – einfacher und billiger zu realisieren, jedoch sind einzelne Bauteile, die mit hochwertigen Kabeln untereinander verschaltet sind, klanglich die bessere Option.
Ein diskreter Aufbau beispielsweise im Röhrenverstärker-Schaltplan hat auch praktische Vorteile: Defekte Bauteile lassen sich in Windeseile ausmachen und ersetzen. Hobby-Elektroniker können bei diskreten Schaltungen selbst Hand anlegen und zur Verbesserung des Klangs hochwertigere elektrische Bauteile einsetzen.
Letztlich entscheiden auch das Gehäusematerial und die Wertigkeit der Potentiometer über den Gesamteindruck der Geräte. Der Verzicht auf Kunststoff und der Einsatz von gebürstetem Aluminium oder anderen Metallen stehen häufig als Indikator für gute oder weniger gute Amps.

2.3. Verstärkung als Modulation – Was ein Verstärker wirklich leistet
Eine wichtige Erkenntnis vorweg: Verstärker verstärken nicht! Sie sind keine Stromgeneratoren, die tatsächlich Strom produzieren. Stattdessen verfügen die Stromgaranten einer Musikanlage über drei verschiedene Stromkreise, die in einem bestimmten Verhältnis zueinander stehen.
Im ersten Stromkreis fließt der Strom in Form des Audiosignals, welcher über die Cinch-Anschlüsse die elektronischen Schaltungen des Verstärkers erreicht. Dieser Wechselstrom ist wie erläutert sehr schwach. Andererseits sind die Geräte aber auch über die Steckdose mit dem Netzstrom verbunden. Und der hat bekanntlich eine Spannung von 230 Volt und liefert bis zu 16 Ampere Stromstärke. Multiplizieren Sie diese beiden Größen, erhalten Sie die mögliche Leistung des Netzstroms aus einer Steckdose: 3.680 Watt!
Der zweite Stromkreis beginnt an einem der schwersten Bauteile des Verstärkers – dem Netzteil. Hier wird die Wechselspannung aus dem Stromnetz in die entsprechende Arbeitsspannung des Audioverstärkers transformiert, gleichgerichtet und entstört. Die dann erhaltene Gleichspannung versorgt alle Teile des Verstärkers: Widerstände, Kondensatoren und bei Röhrenverstärkern auch die Röhren. Dieser zweite Stromkreis arbeitet im Gegensatz zum ersten mit hohen Spannungen!

Die ersten Röhrenverstärker wurden Anfang der 1920er Jahre in Röhrenradios verbaut.
Wichtig ist nun der Zusammenhang zwischen dem ersten Wechselstromkreis des Audio-Eingangssignals und dem zweiten, aus der Netzspannung transformierten Gleichstromkreis: Ein Audio-Verstärker moduliert einen großen im Verhältnis zu einem kleinen Stromfluss. Dadurch wird die geringe Eingangsspannung eines Audiosignals für den Betrieb eines Lautsprechers erhöht! Das kleine Musiksignal wird dazu benutzt, den großen Gleichstrom so zu verändern, dass daraus ein großer, lautsprechertauglicher Wechselstrom entsteht. Für diese Modulation werden zum Beispiel Vakuum- oder Elektronenröhren verwendet.
Letztlich wird das Ausgangssignal in ein reines Wechselstromsignal transformiert und in einem dritten Stromkreis den Lautsprechern zugeführt. Folgende Abblidung verdeutlicht die Arbeitsweise eines Röhren-Amps: Das Wechselstrom-Musiksignal wird an das Steuergitter der Elektronenröhre angelegt und variiert den Gleichstrom zwischen Kathode und Anode. Die entstehenden Stromschwankungen werden vom Gleichstrom abgekoppelt und als verstärktes Musik-Ausgangssignal zum Antreiben der Lautsprecher genutzt.

Signalweg Röhrenverstärker (schematische Darstellung)
Tipp: Diode, Triode, Tetrode, Pentode? Die merkwürdigen Bezeichnungen für Elektronenröhren folgen einer simplen Regel. Eine Diode besteht aus zwei (altgriechischer Präfix: di) Elektroden. Eine aus drei (altgriechischer Präfix: tri) Elektroden bestehende Röhre wird Triode genannt, eine aus vier (altgriechischer Präfix: tetra) Elektroden heißt Tetrode usw. Die Bezeichnungen setzen sich aus dem altgriechischen Präfix und der letzten Silbe des Wortes Elektrode zusammen. Die größte Röhre besitzt neun Elektroden und wird als Enneode bezeichnet.
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