1.1 Aufbau eines Fahrradsattels
Hinweise auf einen falschen Fahrradsattel:
Bei Frauen:
- Wundreibungen und Entzündungen im Schambereich
- Taubheitsgefühl
Bei Männern:
- Druck auf Genitalien
- Schmerzen im Dammbereich
- Prostatabeschwerden
- Taubheitsgefühl
Der Fahrradsattel ist der Teil des Fahrrads, der dem Fahrer Halt gibt. Anfänglich gab es sogar Modelle aus Holz oder Metall, die jedoch schnell von Konstruktionen aus Leder abgelöst wurden. Wie ein Pferdesattel sollte der Fahrradsattel dem Radfahrer eine bequeme Sitzfläche bieten. Klassische Fahrradsättel ähneln sich grundsätzlich in der Form. Sie verfügen über eine breitere Sitzfläche, die nach vorn in der sogenannten Sattelnase schmal zuläuft.
Je nach Einsatzgebiet fallen die Größen- und Längenverhältnisse zwischen Sitzfläche und Sattelnase unterschiedlich aus. Der Bezug des Sattels besteht heute in der Regel aus Synthetik-Materialien, aber auch Echt- und Kunstleder kommen immer noch zum Einsatz. Darunter kann sich eine Polsterung aus Schaum oder Gel befinden, es gibt aber auch Konstruktionen, die darauf vollständig verzichten. Eine zusätzliche Federung an der Unterseite des Sattels fängt Stöße ab, ist aber nur dann sinnvoll, wenn das Fahrrad nicht über eine gefederte Sattelstütze verfügt.
Daneben gibt es auch moderne Fahrradsättel, die nur noch entfernt an die klassische Sattelform erinnern. Da einige Radfahrer Probleme damit haben, dass die Sattelnase an den Innenseiten der Oberschenkel reibt, bieten manche Sattel-Hersteller auch Fahrradsättel ohne Sattelnase an.
Diese ähneln der Form nach eher einem ovalen Kissen. Sie eignen sich nur für gemäßigte Fahrten ohne steile Anstiege und Abfahrten. Auch das freihändige Fahren ist damit nicht möglich.
Kurios: Der Comfort Line relax IQ sieht wie eine Art Skelett aus und soll den Bewegungen des Fahrers folgen. Im Praxistest erweist sich das jedoch als impraktikabel, wie Stiftung Warentest in einer älteren Ausgabe feststellte.
In den meisten Fahrradsattel-Tests werden die bevorzugten Sitzpositionen – also aufrecht oder sportlich – unterschieden.
Wenn Sie sich darüber hinaus für weitere Fahrradaccessoires interessieren, können wir Ihnen die folgenden Vergleiche empfehlen, in denen wir einige Zubehör-Artikel unter die Lupe genommen haben:
1.2 Anatomische Besonderheiten: Sitzbeinbelaster vs. Schambeinbelaster
Ob ein Fahrradsattel zum jeweiligen Fahrradfahrer passt, lässt sich nicht pauschal sagen. Während etwa Rahmenhöhe oder Helmgröße relativ leicht eine Orientierung für die Wahl des richtigen Modells bieten, ist das bei Sätteln nur sehr schwer möglich. Dabei kommt es vor allem auf die Form des Beckens an. Da diese anatomisch sehr individuell ist und es hierbei auch Unterschiede zwischen Mann und Frau gibt, können wir Ihnen lediglich einige Hinweise geben, worauf Sie bei der Suche nach einem Fahrradsattel achten müssen.
Der wichtigste Orientierungspunkt ist der Abstand der Sitzbeinhöcker. Dieser entscheidet zusammen mit Ihrer bevorzugten Sitzposition darüber, ob Sie ein Sitzbeinbelaster oder ein Schambeinbelaster sind. Im Fahrradsattel-Vergleich finden Sie Modelle aus beiden Kategorien.
Die Sitzbeinhöcker sind Teil des Beckens. Es handelt sich dabei um die nach unten gewölbten „Knochen-Spitzen“, auf denen beim Sitzen das Gewicht lagert. Hier setzen zahlreiche Teile der Gesäßmuskulatur an. Überlagert werden die Sitzknochen von mehr oder weniger dicken Fettpolstern, die jedoch keinen Einfluss auf deren Abstand haben. Konkret heißt das: Ein übergewichtiger Mensch hat nicht automatisch einen weiteren Sitzbeinhöcker-Abstand als ein normalgewichtiger.

Die Sitzbeinhöcker der Frau (rechts) sind in der Regel weniger spitz und haben einen größeren Abstand zueinander.
Grundsätzlich gilt auch: Der Abstand ist bei Frauen in der Regel größer als bei Männern. Bei Frauen liegt er im Durchschnitt bei 9 bis 17 cm, bei Männern sind es 6 – 16 cm. Deshalb bieten viele Hersteller spezielle Fahrradsättel für Damen und Fahrradsättel für Herren an. Der Wert ist und bleibt jedoch individuell – und muss daher vor dem Kauf eines Fahrradsattels gemessen werden. Mitunter passt eben auch ein Herren-Fahrradsattel für eine Frau und umgekehrt.
1.2.1 Abstand der Sitzbeinhöcker bestimmen

Für gute Messergebnisse sollte die Sitzfläche hart und eben sein.
In einem Fahrradladen oder Fachgeschäft für Sport können Sie sich mithilfe von druckempfindlichen Folien vermessen lassen. Das ist allerdings recht umständlich. Eine einfache Methode für Zuhause stellt der Wellpappen-Test dar, wie auch die meisten Fahrradsattel-Tests zeigen.
Dafür benötigen Sie einen harten, flachen Stuhl, eine kleine Bank oder Kiste sowie ein etwa 30 x 30 cm großes Stück Wellpappe. Für den Test sollten Sie eine möglichst dünne Hose tragen. Gehen Sie folgendermaßen vor:
- Platzieren Sie die Wellpappe auf dem Stuhl.
- Setzen Sie sich aufrecht auf den Stuhl.
- Heben Sie anschließend die Füße leicht an. Die Bank oder Kiste dient als Ablagefläche für die Füße.
- Sie sollten nun spüren, wie Sie die Sitzknochen belasten. Diese zeichnen sich deutlich auf der Wellpappe ab.
- Anschließend markieren Sie die Vertiefungen, die auf der Wellpappe entstanden sind, mit einem Kreis.
- Messen Sie den Abstand von Mittelpunkt zu Mittelpunkt der beiden Kreise – das ist der Abstand Ihrer Sitzbeinhöcker.
Hinweis: Zeichnen sich die Abdrücke Ihrer Sitzknochen unterschiedlich groß ab, kann eine Becken-Fehlstellung vorliegen. In diesem Fall sollten Sie nach einem Fahrradsattel suchen, der beweglicher ist und der Tretbewegung folgt. So werden die Bandscheiben entlastet und Rückenproblemen vorgebeugt.
1.2.2 Sitzbeinbelaster

Bei aufrechter Haltung geht der meiste Druck auf das Sitzbein.
Beim Sitzbeinbelaster lagert das meiste Gewicht auf den Sitzbeinhöckern. Der Damm- bzw. Schambereich ist dagegen weitgehend entlastet. Diese Position nimmt der Radfahrer häufig dann ein, wenn er eine eher aufrechte Haltung auf dem Fahrrad bevorzugt. Dies ist z.B. beim Hollandrad oder beim City-Rad der Fall.
Insgesamt ist das die entspannteste Position für das Gesäß. Vor allem anfangs schmerzt aber selbst bei der Wahl des richtigen Sattels das Sitzbein durch den Druck. Dieses ist jedoch – wie der Name schon sagt – eben für das Sitzen da und gewöhnt sich nach kurzer Zeit an die Belastung, sodass der Sattel bequemer wird.
Wichtig: Der Sattel muss im Bereich der Sitzknochen breit genug sein. Andernfalls sitzen diese auf den Kanten des Sattels auf und finden keinen Halt – das kann mit der Zeit sehr schmerzhaft werden.
Tipp: Achten Sie darauf, dass der Fahrradsattel keine groben Nähte an den Kanten hat. Diese können reiben – und hinterlassen mitunter schon einmal Löcher in der Hose.
1.2.3 Schambeinbelaster

Bei vorgebeugter Haltung geht der meiste Druck auf das Schambein.
Besonders wer eine sportliche Haltung auf dem Bike einnimmt – mit nach vorn gebeugtem Rücken – belastet das Schambein stärker als die Sitzbeine. Das ist z. B. beim Rennrad oder beim Triathlon-Rad der Fall.
Hier sitzt der Lenker tiefer als der Sattel, sodass der Fahrer einen geringeren Windwiderstand bietet. Der Radfahrer kippt dann mit dem Becken automatisch etwas nach vorn und der Druck verlagert sich auf die Schambeinkufen.
In diesen Bereichen befinden sich viele Blutgefäße und Nervenbahnen. Wie einige Fahrradsattel-Tests zeigen, kann zu viel Belastung hier zu Schmerzen und bleibenden Schäden führen.
Da das Schambein bei Frauen etwas tiefer liegt als bei Männern, drückt es bei einer sportlichen Haltung schneller auf die Sattelnase – ein Grund, warum diese bei Damensätteln häufig kürzer und schmaler ausfällt.
Bei Männern lastet der Druck dagegen vorrangig auf dem Dammbereich. Da in dieser Region auch die empfindliche Prostata und Nerven liegen, die für die Erektion verantwortlich sind, sollte man unbedingt darauf achten, Quetschungen zu vermeiden.
Grundsätzlich sollte der richtige Sattel helfen, das Schambein zu entlasten. Treten Taubheitsgefühl oder Schmerzen auf, hilft es mitunter, den Sattel ein paar Millimeter nach vorn zu verstellen. So wird der Druck etwas stärker auf die Sitzbeinhöcker verlagert. Gegebenenfalls kann der Fahrradsattel auch leicht geneigt werden, jedoch nicht mehr als 3°, da er sonst nicht mehr ausreichend Halt bietet.
1.3 Die richtige Sitzposition
Fahrradfahren ist gut für die Fitness. Egal ob aufrechte, moderate oder sportliche Haltung: Nur wer richtig sitzt, vermeidet Fehlbelastungen! Daher wollen wir Ihnen in unserem Fahrradsattel-Vergleich einige Tipps und Hinweise geben.
Achten Sie darauf, dass der Kopf, Rücken und die Hüfte in etwa eine gerade Linie bilden. Der Rücken ist gestreckt, der Fahrer bildet weder ein Hohlkreuz noch einen Rundrücken. Der Nacken und die Schultern bleiben dabei möglichst entspannt. Um Stöße und Unebenheiten abfangen zu können, empfiehlt es sich, die Arme leicht anzuwinkeln.
Fehlhaltung | Folge |
Rundrücken | Der Druck lastet auf dem Schambein. Um das zu vermeiden, kippt das Becken nach hinten – man macht einen Rundrücken. Hierdurch werden Bandscheiben und Wirbelapparat stark belastet. Rückenprobleme sind eine häufige Folge. Ursache ist meist ein Sattel in falscher Breite oder mit zu starker Neigung nach vorn. |
Hohlkreuz | Besonders bei untrainierten Radfahrern kippt das Becken häufig nach vorn. Der Fahrer macht ein Hohlkreuz. Hierdurch entsteht ein hoher Druck im Schambeinbereich. Um diese Fehlhaltung zu vermeiden, hilft Muskeltraining für den Rücken. |
Die Sitzposition richtet sich nach der Art des Fahrrads und bestimmt, wie viel Druck auf dem Sattel lastet.
- Auf dem Triathlon-Rad „liegt“ der Fahrer beinahe, er beugt sich flach über den Lenker und bietet wenig Angriffsfläche für Wind.
- Bei der sportlichen Rennrad- oder Mountainbike-Position ist der Fahrer gestreckt und weit nach vorn gebeugt.
- Sind Sattel und Lenker auf gleicher Höhe, nimmt man eine moderate, leicht nach vorn gebeugte Haltung ein. Dies ist häufig bei Trekking- oder Touren-Rädern der Fall.
- Auf dem City-Rad und dem Hollandrad sitzt der Fahrer nahezu aufrecht, der Lenker ist höher als der Sattel montiert.
Sitzposition | Druck auf dem Sattel | Druck auf Pedalen und Lenker |
sportlich (z.B. Rennrad) | 10 % | 90 % |
moderat (z.B. Tourenrad) | 30 % | 70 % |
aufrecht (z.B. City-Rad) | 50 bis 70 % | 30 bis 50 % |

Ein toller Vergleich zur Orientierung
Lieber Matthias,
vielen Dank für Ihren Kommentar.
Wir freuen uns, dass Ihnen unser Fahrradsattel-Vergleich gefällt.
Viele Grüße
Vergleich.org
Der Brooks Flyer braun ist super schick. Meine Freundin fährt aber auch manchmal mit meinem Rad, ist der wirklich nur für Herren?
Hallo Johnny,
vielen Dank für Ihren Kommentar und das Interesse an unserem Fahrradsattel-Vergleich.
In erster Linie ja, aber das von ihnen genannte Modell fällt in die Kategorie „Unisex”.
Beste Grüße
Ihr Vergleich.org-Team
… ich fahre seit über 30 Jahren einen Brooks mit Federn. Genau den einen. Perfekt, nie Probleme mit irgendetwas, über die eigentlich alle Freunde mit Plastiksätteln jammern nach 50 km.
Ich ziehe immer einen Schoner drüber wenn das Rad steht, nicht nur bei Regenwetter, damit die Sonne das Leder nicht schädigt. Passt. Er sollte noch so lange halten wie ich Fahrrad fahren will.
Vielen Dank für Ihre hilfreichen Informationen. Ich werde mir in absehbarer Zeit ein e-Bike (MTB) kaufen, dieses werde ich sicherlich mit einem empfohlenen Sattel ausrüsten.